Die BaFin hat am 26. November 2024 eine neue Aufsichtsmitteilung veröffentlicht, die die proportionalen Anforderungen an das Risikomanagement kleiner und sehr kleiner Kreditinstitute klarstellt. Ziel ist es, den spezifischen Gegebenheiten dieser Institute Rechnung zu tragen und den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, ohne die Sicherheit und Stabilität des Finanzsystems zu gefährden.
Proportionalität in der Aufsicht: Definition und Bedeutung
Kleine Kreditinstitute profitieren seit jeher von Erleichterungen im Rahmen der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Die BaFin übernimmt nun den Begriff der „kleinen und nicht-komplexen Institute“ (SNCIs) gemäß der CRR sowie den Schwellenwert für „sehr kleine Institute“ mit einer Bilanzsumme von maximal 1 Milliarde Euro. Diese Definitionen schaffen Klarheit und Einheitlichkeit bei der Anwendung der MaRisk.
Zentrale Erleichterungen im Überblick
- Risikoinventur und unwesentliche Risiken
Institute können sich bei der Risikobetrachtung auf wesentliche Risiken konzentrieren. Ein Schwellenwert von 5 % des Risikodeckungspotenzials dient als Orientierung, wobei aggregierte unwesentliche Risiken wesentlich sein können. - Vereinfachte Methoden für die Risikotragfähigkeit
Sehr kleine Institute dürfen vereinfachte Ansätze nutzen, etwa pauschale Ermittlungsmethoden oder konservative Puffer für schwer quantifizierbare Risiken. Diese Ansätze müssen jedoch dokumentiert werden. - Stresstests
Kleine Institute können Stresstests in reduziertem Umfang durchführen, z. B. Sensitivitätsanalysen statt komplexer Szenarien. Inverse Stresstests sind optional, wenn andere Maßnahmen das Risikomanagement ausreichend unterstützen. - Beauftragtenwesen
Funktionen wie Compliance-, Geldwäsche- oder Datenschutzbeauftragte können in einer Person kombiniert werden, sofern dies mit deren Aufgaben vereinbar ist. Auch das Auslagerungsmanagement kann zentral organisiert werden, etwa auf Gruppenebene. - Auslagerungsmanagement
Kleine Institute können auf eigene zentrale Auslagerungsbeauftragte verzichten, wenn diese Aufgaben innerhalb einer Gruppe oder eines Verbunds zentral wahrgenommen werden. Dennoch bleibt die Verantwortung für ausgelagerte Prozesse beim Institut. - Erleichterungen im Kreditgeschäft
Für das nicht risikorelevante Kreditgeschäft, z. B. kleine Verbraucherkredite, sind vereinfachte Prüfverfahren erlaubt. Sensitivitätsanalysen sind hier nicht zwingend erforderlich, solange eine angemessene Risikobeurteilung erfolgt. - Marktbeobachtung bei Immobilienpreisen
Kleine Institute können bei regionalen Immobilienmärkten auf externe Daten verzichten, wenn sie durch eigene Transaktionen ausreichende Marktkenntnisse haben. Ein jährliches Marktschwankungskonzept ist nicht verpflichtend. - Berichtswesen
Gemäß MaRisk müssen auch kleine Institute mindestens vierteljährlich einen Gesamtrisikobericht erstellen, um die Geschäftsleitung über wesentliche Risiken zu informieren. Dabei kann bei stabilen Geschäftsbereichen eine Aktualisierung einzelner Berichtsteile in längeren Intervallen erfolgen. Liquiditäts- und Adressenausfallrisiken sollten hingegen regelmäßig und bei Bedarf ad hoc berichtet werden, da sie sich kurzfristig verändern können. Die Berichte dürfen flexibel gestaltet sein und auf nicht steuerungsrelevante Informationen verzichten. Zudem genügt es, bei Validierungsberichten externer Modelle auf Berichte der Dienstleister zurückzugreifen, sofern deren Datenbasis zur eigenen Portfoliostruktur passt.
Ausblick
Die BaFin räumt kleinen und sehr kleinen Instituten erhebliche Spielräume ein, um den Aufwand im Risikomanagement zu reduzieren, ohne die Steuerungsfähigkeit zu gefährden. Die gewährten Erleichterungen werden durch die BaFin überprüft, falls sich die Risikosituation dieser Institute insgesamt verschlechtert oder die Risikoprofile deutlich komplexer werden.
Im Rahmen künftiger Novellierungen der MaRisk könnten diese Aspekte direkt integriert werden, um die Anforderungen weiter zu präzisieren. Die mit dieser Mitteilung veröffentlichten Klarstellungen gelten ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung. Feststellungen aus Prüfungen, die abweichend von diesen Vorgaben erfolgt sind, gelten nicht mehr als Mängel, die einer Bereinigung bedürfen.